Lebst du noch oder siezt man dich schon?

Es gibt nichts Schlimmeres als alt zu werden. Mein nächster Geburtstag schwebt zwar in gut zwölf Monaten immer noch in weiter Ferne, aber dann wird eine Grenze überschritten, an die ich immer noch nicht glauben kann. Dann, meine lieben Freunde gehöre ich endgültig zum alten Eisen, auch wenn ich es mir selbst nicht eingestehen will oder werde. Die Jahre lügen nicht. Ich werde zum letzten Mal „nullen“, bevor ich irgendwann in Rente gehe.

Dann kommen solche Lieder, und sie treffen gnadenlos zu. Sie treffen den Nagel auf dem Kopf…. aber so was von. Denn Tatsache ist, ich kann es so viel leugnen, wie ich will. Ich kann noch so oft behaupten, dass ich zu den Leuten in meinem Alter nicht gehöre… es nützt nichts.

100_thumbLoth Milz fasst das ganze Dilemma in seinem Song „Lebst du noch, oder siezt man dich schon“ zusammen. Schon der Titel trifft einem wie ein Dampfhammer, auch wenn er an den Werbespruch eines bestimmten Schwedischen Möbelhauses angelehnt ist. Der Song spricht mir total aus der Seele.

Das Lied fasst zwei Anekdoten zusammen, die der Protagonist wohl erlebt hat, und das Problem gnadenlos, aber auch herrlich, formulieren.

Abends schließt er das Studio ab, aber es soll noch nicht nach Hause gehen. Es ist ja eh keine da, seine letzte Beziehung ist die Langeweile. Und so jetzt befindet er sich an der Bar in irgendeiner Kneipe. Die Bedienung ist neu, die kennt er nicht. aber sie ist verdammt hübsch. Während er noch unentschlossen auf die Karte schaut, fragt sie „Was möchten Sie trinken?“ Er versucht, sein Entsetzen nicht anmerken zu lassen. Immerhin kennt sie ihn noch nicht, es ist ja ihr erster Tag. Aber als sie meint „der Drink der geht auf’s Haus„, ist es dann vorbei.

Es ist der absolute Tiefpunkt. Ich nehme die Jacke, geh nach Haus

An einem anderen Tag der nächste Anlauf. Unser Protagonist möchte sich eine Jeans kaufen, denn seins passt nicht mehr (die Vermutung, dass sie eingelaufen ist, wissen wir Älteren natürlich richtig einzuordnen – kenne ich ja auch).

700_thumbUnd so begibt er sich „in den überfüllten Laden mit der Ätzender Musik„, wo er fündig wird. Ist zwar sehr teuer, und die Schlange an der Kasse ist unendlich lang. Kurz bevor er ran kommt wird er unerklärlicherweise nervös. Die Kleine an der Kasse spricht ihn dann an.

Und schon geht’s ins Chorus über:

Lebst du noch, oder siezt man dich schon?
Geht noch was, oder war’s das?

Aber dann, wenn man schon gar nicht mehr damit rechnet, kommt die Absolution.

In einem weiteren Gang im Kaufhaus schaut er nach weiteren Klamotten, als er von einem jungen Mann angesprochen wird „Hey, welche Farbe möchtest du?“ Juuuuubel, und nochmal ab ins Chorus!!

Der Song ist leider noch nicht bei YouTube verfügbar, aber man kann ihn immerhin via Spotify anhören. Lohnt sich … wirklich.

Bilder © Tom Seelbach

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